Der Leipzig-Moment Screenshot ORF
03 Jul
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Der Leipzig-Moment

Staatspreis und Viertelfinale - das zusammen kann sich nicht ausgehen. Meinte Armin Thurnher. Übermut kommt vor den Fall, dachte der Autor beim Anblick von Sabitzers neuem Haarstyling.

Jeder Wachsame* hatte vor dem EM-Achtelfinal-Match gegen die Türkei seinen Leipzig-Moment: Das Signal, das das Unglück mit untrüglichen Zeichen ankündigte. Den Moment, der besagte: das wird schiefgehen heute.

„Es fühlt sich von Anfang an nicht besonders gut an, Staatspreis und Viertelfinale, das wäre fast zu viel an zwei aufeinanderfolgenden Tagen." Schreibt Falter-Herausgeber Armin Thurnher, der tags zuvor genau das, den Staatspreis für Publizistik verliehen bekommen hatte, in seiner heutigen „Seuchenkolumne". Mein Leipzig-Moment war, als ich Marcel Sabitzers neuem Haarstyling - es handelt sich um sogenannte Cornrows, wie ich aus diesbezüglich spezialisierten Medien erfahren habe - ansichtig wurde. Das dünkte mich in einem geheimen Winkel meines Denkens hoffärtig: Da feiert einer schon vorab für die Party danach. Beziehungsweise stylt sich für eine Party, von der noch gar nicht sicher ist, ob sie überhaupt stattfindet.

Und dann war die (Party) auch schon nach einer Minute durch ein Tor des faschistoiden/rechtsextremen türkischen Verteidigers Merih Demiral (dem ein weiteres Türl mit anschließendem Wolfsgruss folgen sollte) abgeblasen. Offensichtlich war jedenfalls - außer für den berufsoptimistischen Servus-TV-Kommentator - nach spätenstens zehn Minuten, nachdem Baumgartner unermüdlich Chance um Chance versiebt hatte, dass das eine zähe Partie (sowohl im wörtlichen wie metaphorischen Sinn) werden würde. Rückstände liegen „uns" nicht, wie Thurnher richtig konstatiert. Es ist nicht so, dass „wir" die total nicht können, aber vorne weg spielt es sich besser. Nicht nur für „uns" allein, aber für „uns" besonders.

Bleibt zu hoffen, dass sich Thurnhers These, die (unsere) Gesellschaft sei weiter als ihre Politiker, stimmt - die Umfragewerte für die FPÖ scheinen sie mir ehrlich gesagt eher zu falsifizieren -, dass Rangnick bleibt und die österreichische Seele bei der kommenden WM-Quali wieder gesundet.

„Auf Wiedersehen, ich wusste es seit Minute Eins. Wir kommen wieder". Sagt der Publizistik-Staatspreis-Träger.

* Weibliche Form mitgemeint