Allen Hoffnungen, mit dem neuen Parteivorsitzungen Andreas Babler werde die SPÖ neuen Schwung aufnehmen, erteilt die aktuelle Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Unique Research für das Magazin profil einen empfindlichen Dämpfer: Denn die SPÖ hat hier gegenüber den Vormonat 3 Prozent eingebüßt und hält bei 20 Prozent. „Babler hat nicht dieses Momentum, das Christian Kern hatte, als er die SPÖ übernahm, oder wie Sebastian Kurz, als dieser die ÖVP übernommen hatte. Dieses Momentum gibt es nur einmal. Babler muss sich auf die lange Reise machen", erklärt Unique Research-Geschäftsführer Petr Hajek im profil-Podcast mit Philip Dulle.
Zur Relativierung des Ergebnisses, das nach wie vor die FPÖ vorne und die ÖVP auf Platz 2 sieht, muss erwähnt werden, dass die gemischte Online-/Telefon-Befragung von 800 Menschen nur eine Woche nach dem chaotischen SPÖ-Parteitag, der im Endeffekt Babler zum Parteivorsitzenden machte, vorgenommen wurde. Babler selbst will sich laut eigener Aussage sogar auf noch schlechtere erste Umfragewerte gefasst gemacht haben. Und ein paar Indikatoren weisen durchaus in die richtige Richtung. „Babler ist da, Babler ist erkennbar, seine Imagewerte verbessern sich tendenziell - da tut sich was", konzediert Hajek, um doch ein grundsätzliches Problem zu fokussieren: „Die Frage ist: Kommt er über die sozialdemokratische/linke Kernwählerschaft hinaus? Denn nur dann ist eine Wahl zu gewinnen. Und das ist derzeit nicht erkennbar."
In Bablers oft zitierten (angeblichen) Hang zu linkem Populismus sieht Hajek auch nicht unbedingt eine naheliegende Lösung. Dazu holt der Meinungsforscher zur präzisen (Er)Klärung des bisweilen leichtfertig verwendeten Begriffs „Populismus" aus: „Es gab Ende des 19. Jahrhunderts populistische Parteien in den USA. Das waren radikaldemokratische Parteien, die forderten, den Wähler*innen ein Höchstmaß an Mitbestimmung einzuräumen. Beim Populismus von heute muss man differenzieren: Es gibt einen, der ein Opportunismus ist und der sofort die Position wechselt - egal wie der politische/ideologische Hintergrund aussieht. Schlag nach bei Herbert Kickl, Coronapolitik. Kickl geht dorthin, wo das Feld frei ist. Der Populismus eines Andreas Babler hat, wenn Sie so wollen, ein ideologisches Fundament und ist wahrscheinlich keine Wechselbäumchen-Strategie. Das macht den Unterschied aus."
Das kann potentiell natürlich Bablers Wirkungsmacht einschränken. Babler möge, so Hajek, Vorschläge und Forderungen einbringen, die populär erscheinen - „aber da muss man aufpassen: Manches davon kommt bei der Bevölkerung gar nicht so besonders an. Wir haben in der aktuellen profil-Umfrage eine Mehrheit für Steuern auf Erbschaften von über einer Million. Das wissen wir aber schon lange. Die SPÖ und die Gewerkschaft haben das auch immer propagiert. Wir haben sogar im Mitte-Rechts-Milieu Mehrheiten dafür. Das heißt aber noch lange nicht, dass mich die Menschen dafür wählen. Bei Babler haben wir das Thema, dass Menschen dem einen oder anderen seiner Vorschläge schon zustimmen können, er aber als Linker wahrgenommen wird, was in Österreich immer ein Problem ist, und dass sie annehmen, wir werden von Ausländern überrannt, wenn der kommt. Die Frage ist, wie er das in der politischen Themensetzung ändern will."
Rechts der Mitte sei für Babler derzeit kaum was zu holen: „Im freiheitlichen Lager kann gerade jeder Zehnte Babler etwas abgewinnen - aber die haben die meisten Stimmen derzeit! Bei ÖVP-Sympathisanten ist es jeder Zweite oder Dritte, der mit Babler etwas anfangen kann. Wenn ich Wahlen gewinnen kann, muss ich aber Mitte-Rechts-Wähler abholen."
Dazu komme, dass Babler links mit den Grünen und den Kommunisten, die beim gegenwärtigen Stand bei 5 Prozent halten, eine viel stärkere Konkurrenz hat als rechts Herbert Kickl, der sich dort nur mit Karl Nehammer herumschlagen muss.
Der amtierende Kanzler wiederum liegt bei der Frage nach seiner eigenen Nachfolge - der sogenannten Kanzlerfrage - vorne, 2 Punkte vor Kickl, aber recht deutlich vor Babler. Nach wie vor sind die Werte aller Kandidaten überschaubar. „Das ist ein Vorteil für Karl Nehammer", erklärt Hajek. „Denn Nehammer wird sich in die Position begeben: Wollt ihr allen Ernstes Herbert Kickl? Dann schwenkt er hinüber von weit rechts auf weit links und fragt: Wollt ihr den Babler? Die ÖVP wird ihn als berechenbar präsentieren. Dann wird's schon den einen oder anderen aus der Schnittmenge der Mitte-Rechts-Wähler geben, der dann sagt, naja, vielleicht nehmen wir doch den Karli Nehammer. Auf Babler bezogen: Er muss nicht nur den kernigen Sozialdemokraten geben, sondern der Bevölkerung vermitteln können, ich weiß, wo´s mit dieser Republik hingehen soll. Der letzte Kanzler, der das wirklich verkörpert hat, war Wolfgang Schüssel. Der hatte keine guten Sympathiewerte, aber die Menschen haben ihm vertraut."