Nach Ibiza sind einige Leute ziemlich stumm geworden. Zu ihnen gehörte Richard Schmitt. Praktisch nur mehr Retweets setzte der Chefredakteur von krone.at ab, keine eigenen Meldungen und Kommentare mehr über die Gefährlichkeit von Migranten und die Verwerflichkeit linker Politik. Klar: FPÖ-Chef Heinz Christian Strache hatte ihm in dem berüchtigten Video quasi den Todeskuss gegeben, indem er ihn als einen „der besten Leute, die es gibt“, lobte.
Wie und warum sie angefangen hatte, mit welchen Themen und mit welcher Themenaufbereitung krone.at unter Schmitt gezielt Zugriffe steigert, erläuterte der kürzlich als Chefredakteur von krone.at zurückgetretene Journalist im Sommer 2016 sehr anschaulich in einem Interview mit dem Fleisch Magazin.
Im Folgenden einige Zitate. Zur Anmerkung: Damals regierte Rot-Schwarz unter Kern/Mitterlehner das Land.
„Das Wichtigste für uns ist, dass wir die Menschen vertreten und das schreiben, was sie wirklich interessiert, und man muss ehrlicherweise sagen, wir sind da in einer Auseinandersetzung nicht mit dem Standard oder dem Kurier, die rund um die Flüchtlingsthemen für breite Teile der Öffentlichkeit ihre Glaubwürdigkeit schon verloren haben. Wir sind da in einer Auseinandersetzung mit Medien, die der rechte Rand installiert hat, mit unzensuriert.at und anderen Seiten. Wir müssen uns von denen abgrenzen, aber ihre Existenz allein sorgt dafür, dass wir sehr aufpassen müssen. Nehmen wir zum Beispiel diesen Mordfall am Brunnenmarkt, der uns vor einigen Monaten so beschäftigt hat. Natürlich kann man in der Berichterstattung die Nationalität des Täters auslassen, aber was passiert dann? Es wird rauskommen, irgendwer, der bei den Ermittlungen dabei war, wird es sagen, und wenn es ein Polizist ist, der es auf Facebook postet. Würden wir die Nationalität verschweigen, so wie andere Medien, dann würden wir für die Leute da draußen zum System gehören. Wir würden für sie zu dem gehören, was sie „Lügenpresse“ nennen, und dann würde man uns überhaupt nichts mehr glauben.“
„Man muss rausgehen und mit den Menschen reden. Ich bin dreimal die Woche abends unterwegs, auf dem Stammtisch, oder auch bei Veranstaltungen. Ich versuche zu reden, mit unterschiedlichsten Leuten. Und das ist auch in der politischen Kommunikation so. Wir als krone.at leben in einem Spannungsfeld mit der Stadt Wien, man muss das so sagen. Immer wieder ruft jemand von der Stadt an und sagt: „Jetzt habt ihr schon wieder eine FPÖ-Geschichte und nie schreibt ihr, wie toll die Stadt ist.“ Ich sage dann: „Ihr ruft auch nie an.“ Und dann sagt jemand: „Wir hatten doch eh die Schanigarteneröffnung vor zwei Wochen.“ Das ist halt nicht so eine Wahnsinnsgeschichte. Wie bei einem Topunternehmen müsste auch in der Politik eine Topkraft die Geschichten verkaufen, die Stadt glaubt aber, sie ist ein Selbstläufer. Wenn ich mir meine Wochenbilanz anschaue, dann habe ich 20 Anrufe von der FPÖ, ein paar von den Grünen und dem einen oder anderen ÖVP-Minister und von einem aus der SPÖ. Aber von der restlichen SPÖ hat genau niemand angerufen. Von der SPÖ Wien auch niemand. Von den Grünen niemand. Natürlich spiegelt sich das auch in meiner Berichterstattung wider, klar.“
„Keiner schaut mehr von sich aus auf krone.at, Kurier oder Standard, sondern sie wählen über Facebook und das, was dort geteilt wird, aus. Keiner ist mehr Stammkunde eines Mediums, und das hat die arrivierte Politik verschlafen. Nicht falsch verstehen, es ist nicht schlecht, wenn man am Sonntag in der Krone ist oder in Österreich sein Bild drin hat. Aber genauso wichtig ist, dass ich am Mittwoch oder Donnerstag auf Facebook einen Aufreger habe. Wenn Strache einen normalen Bericht von uns auf Facebook teilt, dann merken wir, das haut die Quote auf das 1,5-Fache hoch. Und umgekehrt kriegt er natürlich auch mehr Traffic, wenn wir ihn pushen. So ein Doppelspiel ist natürlich für die anderen Parteien gefährlich. Und auch da nicht falsch verstehen: Das könnten ÖVP und SPÖ natürlich auch machen. Sie machen es aber nicht.“