Er kam nicht annähernd so unsympathisch rüber, wie man sich das von einem Parteibüttel von türkisen Gnaden vorgestellt hätte. Als solcher wird Roland Weißmann, der Generaldirektor des ORF, der sich gestern Abend im Presseclub Concordia im Rahmen der Reihe „Impulse für den ORF" den Fragen von dessen Generalsekretärin Daniela Kraus und des Publikums stellte, häufig gesehen. In erstaunlich salopper Sprache plauderte Weißmann, wie das geht: das größte Medienunternehmen eines Landes zu führen, das stets Objekt politischer Begehrlichkeiten war und ist und unter Dauerbeschuss der momentan stimmenstärksten Partei steht.
Wenn sein Amtsvorgänger Alexander Wrabetz die Fähigkeit hatte, den Journalisten einzureden, das ORF-Programm sei wirklich gut und unglaublich clever ausgedacht, so vermag Weißmann zu vermitteln, wir-können-über-alles-reden. Beim heiklen Thema Stiftungsrat erbat er sich allerdings Diskretion.und
Dennoch ließ es sich an diesem Abend nicht ganz vermeiden. Denn ein Aufsichtsrat - dem entspricht der Stiftungsrat wesenhaft -, der gegen das eigene Unternehmen agitiert wie Peter Westenthaler, der im TV-Sender seiner Partei FPÖ neuerlich schwere Attacken und Schmähungen gegen den ORF veräußert hat , ist ein Unikum (oder Unding) von eigenen Gnaden. „Das ist eine Aufsichtsratsangelegenheit", wusste Weißmann dazu nur zu sagen; und stellte anhand eines anekdotenhaften Beispiels in den Raum, dass es für ihn angezeigt sei, sich aus dieser Causa weitgehend rauszuhalten.
„Als ich im Zuge des Wahlkampfs um den ORF-GD von der Tiroler Tageszeitung als der ,Thomas Schmid des ORF' bezeichnet wurde, hat's mich wirklich auf den Scheißer gesetzt und ich wollte klagen. Ich hatte (als stv. kaufmänn. Direktor, Anm.) jährlich 300 Mio. Euro zu verantworten und da war von ,willfährig' die Rede, was einen nicht ordungsgemäßen Umgang mit dem Geld nahelegt. Ein Verfahren hätte ich hundertmal gewonnen. Ich ging zu Alexander Wrabetz (damals noch ORF-GD, Anm.), mit dem ich trotz aller Konkurrenz immer ein gutes Verhältnis hatte und habe, und sagte ihm, das lasse ich nicht auf mir sitzen, ich klage. Er sagte mir: ,Du kriegst die Unterstützung - aber unter Freunden rate ich dir ab. Er hatte recht. Das ist letztlich wirklich eine Aufsichtsratsangelegenheit. Es ist im übrigen nicht so leicht, einen Stiftungsrat rauszukriegen."
Der ORF steht und fällt mit der Finanzierung
Die Möglichkeit einer Regierungsbeteiligung der FPÖ schreckt Weißmann nach eigenem Bekunden weniger als ein Wegfall der Finanzierung. Dass das eine unter Umständen das andere auslösen könnte, streifte Weißmann bestenfalls mittelbar an: „Will man den ORF zerschlagen, nimmt man ihm Geld weg. Die Finanzierung halte ich für das zentrale Thema des ORF: Wieviel ist da, für Kunst und Kultur, Sport und Unterhaltung? Der ORF ist mit 100 Millionen im Jahr der mit Abstand größte Investor in die heimische Filmwirtschaft."
Bewusst zu machen, was Medien wie der ORF für die Demokratie leisten, war das zweite große Thema des Roland Weißmann im PC Concordia. Das werde, sprach der ORF-GD ein großes Wort gelassen aus, für Medien eine „Überlebensfrage". Daher hat man sich sich mit dem VÖZ (Zeitungen) und VÖP (Privatsender) zusammengeschlossen, zum eine Kampagne zu derartiger Bewusstseinsbildung zu erarbeiten.
Nicht mehr als ein ziemlich lautes Auflachen hatte Weißmann für die teilweise sehr gehässigen Kommentare in sozialen wie teilweise auch in herkömmlichen Medien über die Gehälter im ORF übrig.
„Auch das ist Teil des Alltags. Meine Erfahrung ist die: Wenn man den Menschen direkt gegenübersteht und mit ihnen diskutiert, dann fallen auch die Aggessionen. Nicht, dass man sich verbündet, aber man geht normal auseinander."
Im Querschnitt der 450 Rechnungshof-geprüften Unternehmen in Österreich lägen, rechnete Weißmann vor, die Gehälter im ORF nur im vorderen Mittelfeld.