Es passiert nicht oft, dass Heute und der Falter das selbe Thema in in ihren Newslettern behandeln. Dieser Tage aber ist es so. Gestern beschrieb Christian Nusser, der langjährige Chefredakteur der Gratis-Tageszeitung und heute Kopf und guter Geist ihres vergleichsweise qualitätsvollen Portals NewsFlix, in seinem Satire-Blog „Kopfnüsse" u.a. über den Bundesparteirat der SPÖ und in weiter Folge auch über ihre Bundesliste für die Nationalratswahl.
Die Erstellung dieser Liste ist ein unendlich komplizierter, von unendlich vielen Intrigen begleiteter Auslesevorgang, bedeutet sie im Endeffekt doch, dass, je besser jemand hier gereiht ist, desto höher ihre/seine Chancen auf ein Mandat (und damit natürlich auch das entsprechende Gehalt) sind.
Und da spielte sich Seltsames um die ehemalige Staatssekretärin Muna Duzbar ab: Die Rechtsanwältin and alleinerziehende Mutter eines Pflegekinds, oft schon von Politikern der FPÖ und noch weiter rechts angefeindet, war nach dem Abgang Pamela Rendi-Wagners in den Nationalrat gekommen. 2020 hatte sie für den Vorsitz in ihrem Heimatbezirk Donaustadt kandidiert - ihr Name war dann auf ominöse Weise nicht auf dem Stimmzettel verzeichnet. Aber spätestens seit dann ist sie ein erklärtes Feindbild des mächtigen Bezirksvorstehers Ernst Nevrivy, den man über die Grenzen des 22. Bezirks wegen der sogenannten Kleingartenaffäre bestens kennt. Wie sich jetzt zeigt, hat Nevivry noch immer mächtige Freunde in der SPÖ, obwohl er schon im Herbst 2023 mancherorts politisch abgeschrieben war.
Abgeschoben
Jedenfalls wurde Muna Duzbar, aktuell Mediensprecherin der SPÖ, für die Wahlen auf die 35. Position abgeschoben. Obwohl Parteichef Andreas Babler korrigierend einzugreifen versuchte und Duzbar zunächst auf Rang 10 reihte, blieb ihr am Ende nur der ziemlich aussichtslose 12. Listenplatz.
Was da vorgefallen sein mag, beschriebt Christian Nusser in den Kopfnüssen so:
„Knapp vor der Abstimmung in den SPÖ-Gremien über die Bundesliste am Freitag schaltete sich der Wiener Bürgermeister Michael Ludwig ein, erzählt man sich in der Löwelstraße. Duzdar liegt sich seit ein paar Jahren in ihrem Heimatbezirk Donaustadt mit dem mächtigen SPÖ-Bezirksvorsteher Ernst Nevrivy in den Haaren. Sie wollte Bezirksparteichefin werden, wurde von Nevrivy ausgebremst, und nun wiederholte sich die Geschichte. Nevrivy wirkte auf Ludwig ein, der wirkte auf Babler ein und plötzlich stand Duzdar nicht mehr auf Platz 7, sondern auf Platz 12 der Bundesliste. Ins Parlament schafft sie es von dort nur unter Einwirkung eines Wunders.
Die Situation ist auch deswegen bizarr, weil Duzdar für Babler den Expert*innenrat Medien leitet, einige Ideen fanden auch Aufnahmen in ,Herz und Hirn‘ (das Wahlprogramm der SPÖ, Anm.). Die Vorgangsweise hat ein paar der 400 Expertinnen und Experten, die für die SPÖ am Wahlprogramm mitarbeiten, so verärgert, dass sie über ihr Ausscheiden aus dem Gremium nachgedacht haben. Mit vollem Herzen und Hirn."
Barbara Toth heute morgen im Falter-Newsletter: „In der SPÖ hat also nicht Babler das letzte Wort, und auch nicht unbedingt Wiens Bürgermeister Michael Ludwig, über dessen Rolle in diesem Prozess es divergierende Erzählungen gibt: von „habe sich gar nicht eingemischt” bis „habe gegen Duzdar bei Babler interveniert" (was das Rathaus allerdings empört dementiert).
Nein: Das letzte Wort über die Zukunft einer aufmüpfigen Vorzeigepolitikerin hat ein gekränkter Bezirkskaiser aus der Donaustadt."