Popularbeschwerde gegen politische Ränkespiele im ORF ORF
03 Jun
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Popularbeschwerde gegen politische Ränkespiele im ORF

Presseclub Concordia und Jurist Walter Strobl organisieren die Beschwerde bei der KommAustria. Beanstandet werden Verletzungen des ORF-Gesetzes durch Medienministerin Raab, dem Stiftungsrat und dem Publikumsrat.

 

Viel Arbeit hat die Medienbehörde KommAustria derzeit mit Beschwerden: Kürzlich hat die Universitätenkonferenz die ihrer Auffassung nach rechtswidrige Bestellung des ORF-Publikumsrats durch Medienministerin Susanne Raab angefochten. Heute hat der Presseclub Concordia eine Popularbeschwerbe ausgeschickt, die er zusammen mit dem Juristen Walter Strobl im Namen der Gebührenzahler organisiert und die 120 Unterschriften braucht, um vor die KommAustria zu kommen.
Im Prinzip wurzeln beide Beschwerden im selben Boden. Es geht dabei um die Bestellung des 30köpfigen Publikumsrats, eines der zwei Aufsichtsgremien des ORF neben dem einflussreicheren Stiftungsrat. Die Vorschläge dafür werden von Organisationen eingeholt, die als repräsentativ für bestimmte, per Gesetz definierte Gesellschaftsgruppen gelten. Ebenfalls per Gesetz vorgesehen ist, dass diese repräsentativen Organisationen drei Kandidaten für den Publikumsrat vorschlagen.
Für den Hochschulbereich äußerten zwei Organisationen Vorschläge: Zum einen die Österreichische Universitätenkonferenz, die korrekt den vorgeschriebenen Dreiervorschlag mit dem Digitalrechtler Nikolaus Forgó, dem Medienwissenschafter Thomas Steinmaurer und der medienerfahrenen Pressereferentin Marion Gollner lieferte. Und zum anderen der oberösterreichische Verein Academia Superior – Gesellschaft für Zukunftsforschung, der als einzigen den Genetik-Wissenschafter Markus Hengstschläger vorschlug. Das Rennen machte Hengstschläger - Medienministerin Raab bestellte ihn als Publikumsrat.
Die Universitätenkonferenz beeinspruchte diese Besetzung in drei Punkten: Erstens sei der geforderte Dreiervorschlag nicht erbracht worden; zweitens sei der Verein Academia Superior für den Bereich Hochschulen nicht wirklich repräsentativ und obendrein in seinem Wirkungsbereich auf Oberösterreich beschränkt, und drittens sei er in seiner engen Nähe zur ÖVP politisch alles andere als unabhängig.
Dieser Beschwerde folgte die nun vorliegende Popularbeschwerde gewissermaßen auf organischem Weg: Weil sechs Publikumsräte auch dem Stiftungsrat angehören und von diesen nach Auffassung der Beschwerdeführer einige Mitglieder rechtswidrig bestellt worden sind, wird nun auch die Bestellung des Stiftungsrates angefochten.
Und weil diese nach Auffassung der Beschwerdeführer rechtswidrig bestellten Stiftungsräte auch bei der Wahl des Stiftungsratsvorsitzenden mitgestimmt haben, ist auch die Bestellung Lothar Lockls (Grüne) zum Vorsitzenden und Franz Medweditschs (ÖVP) als dessen Stellvertreter angefochten.
Laut dem Standard-Medienportal etat.at sieht die Beschwerde aber noch weitere Gesetzesverstöße bei der Bestellung von Stiftungsräten. Unter ihnen seien Medienunternehmer und "politische Berater", was den Ausschlussbestimmungen des ORF-Gesetzes widerspreche. Auch bei ihnen beanstanden die Beschwerdeführer die Teilnahme an der Wahl des Vorsitzenden. Und schließlich verletzten die geheimen Vereinbarungen von ÖVP und Grünen über Besetzungen im ORF von ORF-Geschäftsführung, Publikums- und Stiftungsrat die Weisungsfreiheit.

Den vollständigen Entwurf zur Popularbeschwerde können Sie hier ansehen