Journalismuspreise „von unten" vergeben Armutskonferenz
06 Apr
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Journalismuspreise „von unten" vergeben

Armutskonferenz überreichte die Auszeichnungen im Presseclub Concordia.


Gestern wurde zum zwölften Mal in einer festlichen Veranstaltung im Presseclub Concordia der Journalismuspreis "von unten" vergeben. Bewertet und ausgewählt wurden die Beiträge von einer Jury bestehend aus Menschen mit Armutserfahrungen. Die Armutskonferenz schreibt seit 2010 den Preis aus, der "tiefgründige und respektvolle Armutsberichterstattung" prämiert. Alle Ausgezeichneten betonten, den Preis als besondere Ehre zu empfinden, kommt er doch von Menschen, die genau wissen, was Sache ist.
Den Hauptpreis in der Kategorie Fernsehen erhielten Simon Schennach und Ulrike Schöflinger für ihre Reportage "Die Krise der Frauen" (ORF Am Schauplatz). Die Jury würdigte, dass die Geschichten verschiedener Frauen sensibel nachgezeichnet werden. „Indem sie den Frauen auf Augenhöhe begegnen, zeigen sie in den bewegenden Portraits, dass Armut ausgrenzt und krank macht, ohne die Frauen zu beschämen.“
Der zweite Preis ging an Kim Kadlec für ihren Beitrag "Die letzte Schicht" (ORF Am Schauplatz) über die Konsequenzen wirtschaftlicher Entscheidungen internationaler Konzerne auf betroffene Menschen. Besonders beeindruckend empfand die Jury, dass sie Betroffene selbst zu Wort kommen lässt und wie es ihr gelingt "durch ihre Interviewführung, den rechtmäßigen Zorn und die Verzweiflung der Menschen mit viel Empathie einzufangen."
In der Kategorie Online erhielt Juliane Nagiller die Auszeichnung für ihren Artikel „Die Leistungsgesellschaft ist ein Mythos“ veröffentlicht auf science.orf.at. Aus der Begründung der Jury: „Sie macht damit sichtbar, dass es nicht stimmt, dass jene, die viel leisten, dafür auch die entsprechende – vor allem finanzielle – Anerkennung erhalten. Sie gibt so indirekt Menschen eine Stimme, die trotz Arbeit mit wenig Geld auskommen müssen."
Der zweite Preis ging an Damita Pressl für ihre Reportage „Obdachlos in der Krise: Bitterkalt, Lebensgefahr“ erschienen auf www.krone.at. Die Jury würdigt, wie sie beschreibt, wie sich Mitarbeiter*innen des Kältebusses der Caritas um obdachlose Menschen kümmern. „Sie zeigt schonungslos aber ohne auf die Tränendrüse zu drücken, den Alltag der Sozialarbeiter*innen und ehrenamtlichen Helfer*innen, aber auch, wie der Alltag auf der Straße aussieht."
In der Kategorie Radio wurde Max Nicholls für seine Sendung „Bedingungsloses Grundeinkommen" im Ö1 Wirtschaftsmagazin Saldo ausgezeichnet. Der „Beitrag zeichnet sich dadurch aus, dass ohne Stigmatisierung über Armut berichtet wird und Betroffene wertschätzend zu Wort kommen. Das Thema bedingungsloses Grundeinkommen, das sonst eher selten in der Berichterstattung vorkommt, wird fundiert von verschiedenen Seiten beleuchtet."
Kathrin Wimmer erhielt den zweiten Preis für ihre Sendung „Miete zahlen oder Essen kaufen? Was es bedeutet, sich das Wohnen nicht mehr leisten zu können.“ auf Ö1 „Moment Leben heute“. Aus der Begründung der Jury: „Sie begegnet Betroffenen auf Augenhöhe und holt sie vor das Mikrofon. So können diese ihre persönlichen Geschichten erzählen." Wichtig empfand die Jury außerdem, dass mit der Sendung ein Beitrag zur Delogierungsprävention geleistet wird.
Der Hauptpreis in der Kategorie Print ging an Colette M. Schmidt für ihren Artikel „Die tristen Gründe für den KPÖ Erfolg" in Der Standard über den Wahlsieg der KPÖ in Graz. Aus der Begründung der Jury: „Colette M. Schmidt hat ein sowohl parteipolitisch als auch sozialpolitisch heißes Thema für die Leser*innen faktenbasiert analysiert, die Hintergründe durchleuchtet und dabei auch über die Lebensrealität von Armutsbetroffenen empathisch und respektvoll berichtet."
Christof Mackinger erhielt den zweiten Preis für seinen Artikel im Augustin „Michelle R. trotzt der Desozialisierung". Dem Autor gelingt es, in seinem gut recherchierten Artikel, "einfühlsam die Geschichte einer haftentlassenen Transgender-Person zu erzählen und aufzuzeigen, mit welchen Problemen und Hürden eine Transperson immer noch konfrontiert ist.“
Weiters auf der Shortlist des Journalismuspreis „von unten“ und lobend erwähnt: Markus Stachl („Ringo hilft Obdachlosen“, ORF / Thema), Martina Madner („Aus der Gemeinschaft ausgestoßen", Wiener Zeitung), Norbert Oberndorfer und Anna Perazzolo ("Es kann jeden treffen", NÖN), Anna Trummer ("Familien in der Coronakrise", Serie auf meinbezirk.at), Veronika Weidinger („Armutsfalle Pandemie", Ö1 / Journal Panorama).